Auch wenn Herr Andreas Heinz seit einem Sturz im Rollstuhl sitzt, hindert ihn das nicht daran, in Jackett und Bügelfalte zum Interview zu erscheinen. Sein Sohn Viktor ist ihm an diesem Vormittag behilflich.

Seine Eltern wurden 1929 von Saradow an der schönen Wolga nach Omsk in Sibirien ausgesiedelt. 

Herr Heinz ist 1932 geboren, in Omsk aufgewachsen und zur Schule gegangen. Bereits als Schüler betätigte er sich als Bauarbeiter.

Mit 23 Jahren kam er zum Militär, wo er dreieinhalb Jahre in Königsberg, Kaliningrad diente. Später hat er sich bei der Miliz in Omsk bewährt. Doch wenn er sich als Wolgadeutscher outete, wurde er als Staatsfeind betrachtet und behandelt, dann war der Job weg.  

Er heiratete in Kirgisien, wo auch die ersten zwei Söhne zur Welt kamen.  

Herr Heinz schwärmt davon, 64 Jahre lang einen „eigenen“ Führerschein „für alles“, besessen zu haben, den er noch in Russland machte. Er ist Laster gefahren, Bus, Taxi und natürlich privat. Ein echter Autofreak. Lächelnd sagt er, „ohne Auto waren wir nix!“ Heute lässt er sich bequem überall hinfahren.

Die nächste Etappe, um der Einreise nach Deutschland näher zu kommen, war Estland. Endlich in Deutschland angekommen, folgten verschiedene Durchgangslager, wie Friedland usw..

Schließlich war 1987 endlich die vorletzte Station erreicht, das Übergangswohnheim in der Braike. Bereits nach 6 Monaten konnte die inzwischen sechsköpfige Familie in der Mönchsstraße in der Nürtinger Altstadt eine Wohnung beziehen.  

Herr Heinz hat eine Schreinerausbildung absolviert und als Dreher gearbeitet. Bis zu seinem Rentenantritt im Jahre 1994 war er in einer großen Nürtinger Firma angestellt. 

Oh je, da fehlt ja ein Stück Mittelfinger an der rechten Hand. Da hat Herr Heinz nicht aufgepasst, als er vor sieben (!) Jahren, im Alter von 82 Jahren mit seiner Lebensgefährtin nach Russland fuhr, auf deren Datscha eine Gartendusche baute und dabei der Säge zu nahe kam. 

Herr Heinz hat ein arbeitsreiches, erfülltes Leben gelebt. Er hat drei Söhne und eine Tochter, 11 Enkel im Alter von 13 bis 30 und sogar einen Urenkel. Da er alleine lebt, kommt morgens die Diakonie. Den großen `Rest´ erledigen abwechselnd die vier Kinder, die zum Glück alle in der näheren Umgebung wohnen. Das nennt man Familienverbund par excellence!!   

Befragt Helga Wick, niedergeschrieben Angelika B. Lauppe, Sept.21, Copyright