Was mich mit Nürtingen verbindet 

Nein, es ist nicht Hölderlin. Auch nicht das lange umstrittene Hölderlin-Haus, das inzwischen erfreulicherweise Gestalt annimmt und zu einem schönen und guten Haus für unsere Volkshochschule heranwächst. Und es ist auch nicht Nürtingens Ruf als Schulstadt. Oder gar unsere zwar historisch interessante Altstadt, die aber noch besser vermarktet werden kann.

Was mich für Nürtingen einnimmt, sind die Chancen, die unsere Stadt sich selbst und unseren Bürgerinnen und Bürgern bietet. Die Möglichkeit aus einer leicht schläfrigen, mittelgroßen Kommune mehr zu machen, als das, was sich dem flüchtigen Betrachter oder gelegentlichen Gast heute bietet. Und damit auch mehr für Nürtingens Einwohner zu tun.            

Es sind die Chancen Nürtingen zu einer wirklich liebens- und lebenswerten Stadt zu machen.

Das beispielsweise versucht seit 1999 der Nürtinger Frauenrat, eine Initiative von engagierten Bürgerinnen, zu denen auch ich von Anfang gehöre und deren Sprecherin ich bin. Mal hatten wir Erfolg mit unseren Projekten, mal auch etwas weniger. Allerdings haben wir uns nie davon verdrießen lassen, wenn eine Idee nicht durchschlug. Unsere meisten Ansätze waren durchaus erfolgreich. Ich denke da zum Beispiel an die Gedenktafeln an einigen Gebäuden in der Innenstadt, die an bemerkenswerte Frauen erinnern, die Frauenlesenacht in der Stadtbücherei und natürlich Veranstaltungen zur Gleichstellung der Frauen in unserer Gesellschaft. Die Nürtinger Frauentage, die wir seit Jahren organisieren, sind zur Tradition geworden. Natürlich machen wir die meisten Dinge nicht im Alleingang, sondern zusammen mit Kooperationspartnern wie etwa der VHS, dem „Haus der Familie“, Amnesty International Nürtingen oder der Frauen – Geschichtswerkstatt, nur um einige zu nennen. 

Die Jahre haben uns gezeigt, dass dies Alles nicht nur nötig war und ist, sondern, dass sich viele Frauen für die Ziele des Frauenrats und auch im Sinne der Bürgerinnen und Bürger der Stadt gerne engagieren. So, wenn es um die Stadtentwicklung aus Frauensicht geht oder wenn wir durch Seminare Frauen für die Kommunalpolitik begeistern wollen. Zurzeit stehen  die Einrichtung einer Anlaufstelle für alleinerziehende Frauen in unserer Stadt und die sichere Mobilität für Frauen am Abend im Mittelpunkt. 

Oft geht es auch darum schlicht und einfach Möglichkeiten zu schaffen, bei denen Frauen sich treffen und über politische Themen austauschen können.

All dies ist es, was mich für Nürtingen einnimmt. Und wenn dann in ein paar Jahren auch noch unsere Einkauf – Innenstadt endlich wirklich verkehrsberuhigt ist und eine Vielfalt von Einkaufmöglichkeiten und attraktiven Produkten (nicht nur für Frauen) bietet, wenn sich unser neues altes Hölderlin – Haus endlich wieder mit Leben füllt und wenn all unsere Schulen und Hochschulen den Ruf einer „Schulstadt“ wieder stützen, statt ihn eher in Frage zu stellen: Dann weiß ich, dass es sich gelohnt hat, sich hier als Gemeinderätin und Frauenrätin mit ganz vielen anderen Bürgerinnen und Bürger einzubringen.  

Und ich denke, Andere werden das genau so sehen. 

Bärbel Kehl – Maurer