Nürtingen und ich 

Irgendwann bin ich in Nürtingen gelandet; nicht wegen der Liebe, ein Arbeitsplatz lockte mich in diese Stadt. Als ich die Straße nannte, in der ich wohne, habe ich erfahren, dass ich gar nicht in Nürtingen wohne, sondern in Oberensingen, dem ältesten Stadtteil von Nürtingen. Meine Frau und ich waren bald mit Altoberensingern bekannt und vertraut. Ein Streuobststücklesbesitzerehepaar lud uns ein zum Apfelmost; es waren der Wilhelm und die Frieda von der Stuttgarter – Straße. Der Most, anfangs noch gewöhnungsbedürftig, war köstlich und die Freundschaft mit dem Ehepaar Föhl währte ein Leben lang. 

Aber es gibt ja auch noch das alte Nürtingen mit dem damals neuen Ochsenbrunnen und der Kreuzkirche, die man abreißen wollte, was eine Bürgerinitiative verhindern konnte. Meine erste ehrenamtliche Tätigkeit hatte ich im Koordinierungsausschuss für Gastarbeiterfragen Nürtingen und Umgebung. Mit der ausländischen Bürgerschaft war ich bald vertraut; Herrn Hacimüftioğlu konnte ich anreden, ohne mir die Zunge zu zerbrechen. 

Im Bürgertreff traf ich auf Hannes Wezel, der mich mit Seniorenangelegenheiten betraute. Auf Anregung von Guido Wolf, dem damaligen Bürgermeister, war ich einige Jahre Regionalvertreter für die Stadt Nürtingen im Kreisseniorenrat Esslingen. Ebenfalls im Bürgertreff bin ich Helga und Rolf Wehnhardt, Schauspieler vom Naturtheater Grötzingen, begegnet. So war ich bei der Gründung der Theatergruppe „Die Wagemutigen“ dabei. Anfangs haben wir einige selbst verfasste Stücke gespielt; wir spielten im Theater im Schlosskeller, im Rathaus und im Freien vor dem Bürgertreff. Mit „Gesegnete Mahlzeit“ von Karl Wittlinger und unseren eigenen Stücken waren wir auch auswärts zu Gast. 

„Riebeles-Köpf“ von Jörg Ehni brachte uns Einladungen zur Gartenschau in Singen, zur Nürtinger Partnerstadt Zerbst und zur Landesvertretung Baden – Württemberg in Berlin. Das reichhaltige Programm der VHS Nürtingen lud ein zum Mitmachen. Anlässlich der Aufnahme der Republik Polen in die EU hielt ich einige Vorträge zur Geschichte des Landes. Unter dem Dach der VHS gab es „Die Obskuren“, die sich mit klassischer Theaterliteratur befassten. In „Hamlet“ und in „Macbeth“ war ich mit auf der Bühne. 

Die „Alte Seegrasspinnerei“ bot und bietet ein Spielfeld für unterschiedliche Aktivitäten. Vor einigen Jahren wurde von der Jugend Kunstschule „Die rote Zora“ aufgeführt; einige von den Wagemutigen waren mit auf der Bühne. Bei einem Projekt des Gesangvereins Raidwangen habe ich im Musical „Josef“ mitgesungen. Gern singe ich auch bei den „Beutwangsängern“ in Neckarhausen. Der „Autorenkreis Atmosphäre“ lässt Gedankenfrüchte sprießen und zu Papier bringen. Zur ersten Lesung nach zwei Jahren Corona – Pause konnten wir kürzlich in das Theater im Schlosskeller einladen. Im Hallenbad mache ich mit bei der Wassergymnastik und bei TG-Nürtingen lasse ich mich bei der Hallen – Gymnastik in Schwung bringen. Schlendern über den Wochenmarkt, frisches Obst und Gemüse einkaufen, das lasse ich mir nicht entgehen. Ja, in Nürtingen läuft was. Wem die Decke auf den Kopf fällt, dem kann geholfen werden.   

Horst Matrohs