Geballte Frauenpower – und das schon um 10 Uhr morgens!
Eine Stunde Unterhaltung, eine Stunde Lebensweisheit und Philosophie? Gemeinsames Lachen. Von allem etwas.
Kim Schlechter überrascht in vieler Hinsicht. In Stuttgart geboren, im Kreis Ludwigsburg in bürgerlichem Elternhaus aufgewachsen, ließ sie sich mit 18 Jahren ihr erstes Tattoo hinters Ohr stechen. Ein abgewandeltes Zitat des Rappers Tupac Shakur. `Nur Mama kann mich richten´. Das war der Einstieg. Inzwischen ist ihr rechter Arm mit all den Tattoos ihrer Mutter gewidmet, denn seit zwei Jahren, seit der Geburt ihrer Tochter mit dem märchenhaften Namen Litycija, weiß Kim Schlechter was es heißt, alleinerziehende Mutter zu sein und Sorge und Verantwortung zu tragen.
Litycija ist eine echte Nürtingerin!!
Wenn Kim an ihre Großeltern denkt, der Großvater Schulleiter einer Berufsschule, die Großmutter Lehrerin an einer Behinderten und Förderschule, dann fallen ihr deren Werte und deren Worte ein, „es kommt bei einem Menschen nicht auf das Äußere an. Man muss hinter die Fassade schauen!“
Natürlich steht sie zu diesen Worten, auch wenn es Kim extrem auf die Optik ankommt. Als erfahrene Piercerin und Tätowiererin weiß sie jedoch, dass hinter jedem Tattoo ein bestimmter Gedanke steht, eine Bedeutung, ein Lebensabschnitt.
„Viele Menschen hängen sich Kunst an die Wand. Ich trage meine Kunstwerke am Körper überall mit hin“, sagt sie und ich weiß beim Anblick ihres hübsch gestalteten Gesichtes, was sie meint. Kein Wunder spricht sie von den Ausführenden als `Artisten´.
Kim Schlechter arbeitete schon als Erzieherin und als Personalreferentin in verschiedenen Bereichen. Aber das Piercen und Tätowieren war immer schon ihre Profession.
Nach längerem Aufenthalt in Mainz, wo sie das Piercen erlernte, arbeitet sie seit fünf Jahren in der `Villa Kunterbunt´, dieser ansprechenden, geräumigen Location, nahe des Rathauses.
Man kennt sie in der Stadt, hier fühlt sie sich wohl, es ist der Raum zum Arbeiten und Leben. Abends ausgehen? Ach woher. Das ist die Quality Time mit dem Töchterchen. Familie ist ihr überhaupt sehr wichtig. Wenn es die Mutter und Großmutter nicht gäbe, wäre manches viel schwieriger.
Gibt es noch ein Schubladendenken zum Thema Tätowierung? Doch ja, sagt sie, hauptsächlich ältere Menschen seien unsicher im Umgang mit ihr. Aber es bewegt sich etwas, wenn zum Beispiel Mütter mit ihren heranwachsenden Töchtern zum Tätowieren kommen, findet sie das sehr klug, denn, „verbieten bringt gar nichts.“
Eine Stunde ist verflogen. Gleich öffnen sich die Pforten des Studios und ich muss gehen.
Vielleicht komm´ ich bald wieder…
Unterhalten und aufgeschrieben von Angelika B. Lauppe, Nov. 2021, Copyright