Thomas Mathew ist ein „Global Citizen“, mit Wurzeln in zwei Ländern, zuhause in Zizishausen. Geboren und aufgewachsen in Indien, kam er als Student nach Deutschland, war Praktikant in Mexiko, lebte als Expat in den USA – und seine Heimat hat er im Schwäbischen gefunden. Mit ganzer Seele.
Mit der festen Absicht nach dem Studium in Deutschland wieder nach Indien zurückzukehren, zieht er im Herbst 1988 von Bangalore nach Karlsruhe, mit rudimentären Deutschkenntnissen und der Unterstützung der Familie, obwohl die Eltern große Skepsis hegen. Denn eigentlich ging man in die USA zum Studieren, nicht nach Deutschland. Und , oh weh, was, wenn er eine europäische Frau fände?
Er fand eine. Eine Bayerin, deren Eltern als Expats die Nachbarn seiner Eltern in Indien waren. Aber verliebt hat er sich in sie in Mexiko. Eine unglaubliche Geschichte, die den Rahmen sprengen würde. Lassen Sie sich die mal von ihm erzählen! Er redet ganz gewiss mit Ihnen, denn sein Herz gehört den Menschen. Überzeugt von der Kraft menschlicher Begegnungen tritt Thomas jedem mit Offenheit und Neugierde entgegen. „Man begegnet immer wieder Menschen, die einem den Weg zeigen ohne, dass man damit rechnet. Das sind Engel.“ In diesem Vertrauen auf eine gute Wendung gründet auch sein Lebensmotto: „Nie aufgeben!“
Mit diesem ansteckenden Optimismus, seiner freundlichen und engagierten Art wundert es nicht, dass er von einigen, vor allem bürokratischen, Hürden in Deutschland mit einem Augenzwinkern erzählt. Anekdoten über den wiehernden Amtsschimmel, der manchem von uns den Dampf aus den Ohren hätte steigen und, vor allem, hätte aufgeben lassen. Bei Thomas sind es keine Wutgeschichten. Im Gegenteil. Er erzählt von den glücklichen Fügungen. Er habe immer nur gute Begegnungen gehabt und viele tolle Menschen kennengelernt. Seine Entscheidung, in Deutschland zu studieren, hat er noch keinen Tag bereut.
So ist es kein Wunder, dass er sich nicht nur in der badischen Studentenstadt Karlsruhe wohlfühlt, sondern auch, nach einem kleinen inner-baden-württembergischen Kulturschock, in der schwäbischen Metropole Stuttgart, wo sich für den diplomierten Ingenieur beruflich eine Tür öffnet, die er nicht ausschlagen kann. Dies und die Liebe machen Deutschland schließlich zur zweiten Heimat. Mit mittlerweile drei Kindern suchen er und seine Frau eine größere Bleibe und werden im Jahr 2004 in Zizishausen fündig, durch einen weiteren glücklichen Zufall, „eine weitere engelhafte Begegnung, wenn Sie so wollen“, erklärt er lächelnd.
Nach Bangalore, Karlsruhe, Santiago Tianguistenco, Portland und Stuttgart nun Zizishausen. Ist das nicht ein bisschen … klein? Thomas lacht gutmütig und schüttelt den Kopf: „Jeder Ort gibt dir, genau wie jede Begegnung, eine neue Perspektive.“ Hier kann er Imker sein. Hier kann er Teil einer Gemeinschaft sein, wo man sich kennt. Wo er die Menschen kennt.
Wer glaubt, das läge alleine an der Ortsgröße, hat sich getäuscht. Als in ihrem ersten Winter in Zizishausen die neu ins Leben gerufene Aktion „Adventsfenster“ zu abendlichen Begegnungen einlädt, nimmt Thomas diese Chance wahr, um sich vorzustellen und die Menschen kennenzulernen. Er geht mit Alteingesessenen spazieren, trifft sich mit dem Archivar und erfährt so die Dorfgeschichte. Mittlerweile verantworten er und seine Frau die Aktion „Adventsfenster“ in Zizishausen, weil ihm diese Begegnungen so wichtig sind.
Er wird in den Ortschaftsrat gewählt. Seine Frau glaubte nicht daran, als er sich aufstellen ließ. „Schwaben sind viel aufgeschlossener als ihnen nachgesagt wird“, amüsiert sich Thomas. Mittlerweile engagiert er sich für Zizishausen in der zweiten Amtszeit und ist einer der beiden Sprecher im interkulturellen Fachrat für Integration der Stadt Nürtingen. Thomas Mathew, der Global Citizen, hat alle aufregenden Stationen seines Lebens genossen. „Aber hier, hier bin ich zuhause.“
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